Medizin & Wissenschaft

SARS-CoV‑2: Konjunktivitis als Begleiterkrankung

Lesezeit: 2 Minuten Quelle: Österreichische Ärztezeitung

Während das Corona-Virus mit okulären Begleiterkrankungen assoziiert ist, tritt das sogenannte Mask-Associated Dry Eye (MADE)-Syndrom vermehrt als Folge des Tragens von FFP2-Masken auf. 

 

von Manuela‑C. Warscher

SARS-CoV‑2 nutzt ACE2 (Angiotensin Converting Enzyme 2), um in die Wirtszelle einzudringen. Dabei wird ACE2 im Lungen‑, Magen‑, Kolon‑, Leber- und Nierengewebe exprimiert. Ob das auch auf Zellen der Augenoberfläche zutrifft und sie daher für eine Corona-Infektion anfälliger werden, konnte bislang jedoch nicht eindeutig geklärt werden. Nora Woltsche von der Universitäts-Augenklinik der Medizinischen Universität Graz: „Man weiß mittlerweile, dass ACE2 auch auf der Augenoberfläche exprimiert wird.“ Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass im Tränenfilm und Bindehautabstrichen von COVID-19-Patienten äußerst selten Virus-RNA vorkommt. Außerdem wird nur wenig ACE2 in der Bindehaut gebildet, womit eine konjunktivale Infektion durch das Corona-Virus über dieses Enzym unwahrscheinlich ist. „Um diese Hypothese abschließend zu bestätigen, fehlt ausreichend harte Studienevidenz“, bestätigt Univ. Prof. Martina Kralinger von der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der Medizinischen Universität Innsbruck.

Dagegen konnte beobachtet werden, dass okulären Beteiligungen wie Episkleritis, retinale Gefäßverschlüsse, neurogene Ptosis oder Makulopathien Erst- oder Begleitmanifestationen einer COVID-Infektion sind. Diese treten entweder sofort oder bis zu 14 Tage nach einer SARS-CoV-2-Infektion auf. Mit zehn Prozent – bei 1 bis 32 Prozent der COVID-19-Patienten – stellt Konjunktivitis das häufigste Symptom dar. Die Gründe dafür ortet Woltsche in der „Virusinfektion“. Auch kann die mechanische Ventilation die Augenoberflächen austrocknen und sie so für Infektionen empfindlicher machen. Tatsächlich treten ophthalmologische Komplikationen wie Hornhautepitheldefekte in der Regel bei bis zu 40 Prozent aller intensiv medizinisch betreuten Patienten auf. Darüber hinaus scheinen „Veränderungen des subbasalen Nervenplexus der Cornea“ nach überstandener COVID-19-Erkrankung mit neuropathischen kornealen Schmerzen zu korrelieren. Während das Corona-Virus selbst mit okulären Begleiterkrankungen assoziiert ist, tritt das sogenannte MADE (mask-associated dry eye)-Syndrom vermehrt als Folge des Tragens von FFP2-Masken auf. Dieses Syndrom ist umso stärker ausgeprägt, je länger die Tragedauer ist und je schlechter die Maske sitzt. „Höheres Alter, weibliches Geschlecht sowie Brillen und Kontaktlinsen sind weitere Faktoren, die ein Mask-associated-dry-eye-Syndrom beeinflussen können“, führt Woltsche aus. Die Ursachen liegen einerseits in einer gesteigerten Verdunstung der Tränenflüssigkeit durch die Ausatemluft, wodurch das Meibom-Drüsensekret verhärtet und zu Blepharitiden führt. „In weiterer Folge kommt es zu einer reduzierten Lipidphase und einer noch stärkeren Verdunstung und schließlich eventuell zur Chalazion-Bildung“, konkretisiert Woltsche. Auch die durch „Bakterien der Ausatemluft“ veränderte mikrobielle Lidflora könnte die Ausbildung von Chalazien begünstigen. Andererseits kann „falsches“ Maskentragen auch ein bestehendes Sicca-Syndrom verstärken, was wiederum das Risiko für eine Konjunktivitis und Keratitis erhöht, betonen die beiden Expertinnen unisono.

Daher sei es umso wichtiger, den „warmen Ausatemstrom nach unten“ (Kralinger) auszuleiten. Dies gelingt etwa, indem die Maske mit Leukoplast an der Nase fixiert wird. Auch regelmäßige „Tragepausen“ reduzieren das Risiko, dass das Auge austrocknet. Bei Patienten mit einem Sicca-Syndrom sollten Allgemeinmediziner „prophylaktisch“ den „sinnvollen“ Einsatz von konservierungsmittelfreien Tränenersatzmitteln in Erwägung ziehen, so Kralinger.

Übrigens: Maskentragen kann auch Gesichtsfeldeinschränkungen begünstigen, berichtet Woltsche aus der Praxis. Und Kralinger ergänzt: „Ohne fixierte Maske beschlagen Brillen. Das kann vor allem bei älteren Patienten zu lebensgefährlichen Situationen beim Stiegensteigen führen.“


Auf einen Blick


1) Es gibt Evidenz aus Studien, dass das Corona-Virus die Augenoberfläche als Eintrittspforte nützt.

2) Okuläre Begleiterkrankungen wie beispielsweise Konjunktivitis sind bei SARS-CoV‑2 möglich.

3) FFP2-Masken können durch falsches Tragen das Sicca-Syndrom verstärken und zu Konjunktivitis oder Keratitis führen. Vor allem Frauen und ältere Personen sind betroffen.

4) Beim Sicca-Syndrom und Tragen einer FFP2-Maske prophylaktisch Tränenersatzmittel verwenden.

5) Prophylaktisch kann die FFP2-Maske mit Leukoplast am Nasenrand fixiert werden. Tränenersatzmittel verwenden.


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© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 /10.06.2022
Pixabay #1954673| Urheber: Peggy_Marco


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