Fachartikel
Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD)
Lesezeit: 3 Minuten Quelle: Alexion Pharma Germany GmbH
Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD) sind seltene entzündliche Autoimmunerkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS), die meist schubförmig verlaufen.1 Durch rezidivierende und schlecht remittierende Schübe führen sie zu einer fortschreitenden körperlichen Beeinträchtigung.2
NMOSD treten mit einer Häufigkeit von ca. 1–3 Fällen pro 100 000 Menschen auf,3 Frauen sind dabei deutlich häufiger betroffen als Männer. Der Erkrankungsbeginn liegt bei einem medianen Alter von 39 Jahren.4 Lange Zeit galten NMOSD als Subtypen der Multiplen Sklerose (MS).1 Doch spätestens seit der Entdeckung spezifischer Autoantikörper gegen das Wasserkanalprotein Aquaporin-4 (AQP4) im Jahr 2004 konnte gezeigt werden, dass es sich um eine eigenständige Krankheitsentität handelt.4
Vor dem Hintergrund, dass einige krankheitsmodifizierende MS-Therapeutika bei NMOSD unwirksam sind oder den Krankheitsverlauf gar verschlechtern können,5,6 ist die zeitnahe Diagnose der NMOSD sowie ihre eindeutige Abgrenzung von der MS entscheidend. Die Diagnose der NMOSD wird anhand der 2015 aktualisierten Kriterien des „International Panel for NMO Diagnosis“ (IPND) nach Ausschluss von Differentialdiagnosen, wie insbesondere der MS, gestellt. Einen wegweisenden Stellenwert nimmt hierbei der serologische Nachweis der AQP4-Antikörper ein, die bei 65-88% aller NMOSD Patienten nachweisbar sind7 (s. Abb. 1) 8:
Abb. 1: Wingerchuk-NMOSD-Diagnosekriterien des IPND (International Panel for NMO Diagnosis)8
Neben ihrer hohen Spezifität bei NMOSD sind AQP4-Autoantikörper auch pathogenetisch hochrelevant: Ihre Bindung an AQP4 auf den Endfüßchen von Astrozyten im ZNS aktiviert chronisch und unkontrolliert das Komplementsystem. Eine zielgerichtete Zerstörung der Astrozyten, eine sekundäre Demyelinisierung und eine Nekrose der Oligodendrozyten und Neuronen sind die Folgen.7
Therapie von NMOSD
NMOSD verlaufen in ca. 90 % der Fälle schubförmig.5 Die Rekonvaleszenz der einzelnen Schübe ist gering und die neurologische Symptomatik kann mit weiteren Schubereignissen akkumulieren.4
Daher soll, wie in der aktuellen S2k-Leitlinie der DGN von 2023 beschrieben, eine Immuntherapie bei sicherer Diagnose einer AQP4-IgG positiven NMOSD bereits nach dem ersten Schub begonnen werden, damit eine rasche und konsequente Behandlung eines akuten NMOSD-Schubs sowie die Verhinderung neuer Schubereignisse im weiteren Verlauf ermöglicht werden kann.9,10,11 (Link DGN Leitlinie MS, NMOSD 2023)
Für die Therapie der AQP4-IgG-positiven NMOSD sind neben dem seit August 2019 zugelassenen Komplementinhibitor Eculizumab12 mittlerweile auch Inebilizumab 13 (CD-20 Depletion), Satralizumab14 (IL-6 Blockade) und seit Mai 2023 Ravulizumab15 zugelassen.
Ravulizumab adressiert wie Eculizumab zielgerichtet einen der zentralen Pathomechanismen der Erkrankung – die unkontrollierte Komplementaktivierung. Ravulizumab, das alle 8 Wochen intravenös verabreicht wird, erwies sich sowohl in der Zulassungsstudie CHAMPION als auch im Langzeitverlauf (über 90 Wochen) bezüglich Reduktion des relativen Schubrisikos als hoch wirksam und gut verträglich.15,16 (Link Fachinformation Ultomiris®)
Referenzen:
1Trebst C. Arzneimitteltherapie 2018; 36: 237-246.
2 Kitley J et al. Brain 2012; 135: 1834-1849.
3 Ganesh A. Neurol Clin Pract. 201; 7 (2):170-178.
4 Jarius S et al. J Neuroinflammation 2012; 9:14.
5 Wingerchuk DM. Neurologist 2007; 13:2–11.
6 Kim SM et al. Ther Adv Neurol Disord 2017;10: 265–289.
7 Dutra BG et al. Radiographics 2018; 38:169–193.
8 Wingerchuk DM et al. Neurology 2015;85.2: 177–189.
9 Borisow N et al. Front Neurol 2018; 9: 888.
10 Kleiter I et al. Neurotherapeutics 2016; 13:70–83.
11 Hemmer B. et al., Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen und MOG-IgG-assoziierten Erkrankungen, S2k-Leitlinie, 2023, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 01.06.2023)
12 Fachinformation Soliris®
13 Fachinformation Uplizna®
14 Fachinformation Enspryng®
15 Fachinformation Ultomiris®
16 Pittock SJ et al. ANN NEUROL 2023;93:1053–1068.
Ultomiris 300 mg/3 ml, 1 100 mg/11 ml, Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Wirkstoff: Ravulizumab. Wirkstoffgruppe: Immunsuppressiva, selektive Immunsuppressiva, ATC-Code: L04AA43. Zusammensetzung: Jede Durchstechflasche mit 3 ml enthält 300 mg Ravulizumab (100 mg/ml). Jede Durchstechflasche mit 11 ml enthält 1 100 mg Ravulizumab (100 mg/ml). Endkonzentration der zu infundierenden Lösung nach Verdünnung: 50 mg/ml. Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Natrium (4,6 mg pro 3 ml-Durchstechflasche, 16,8 mg pro 11 ml-Durchstechflasche). Sonstige Bestandteile: Natriumdihydrogenphosphat-Monohydrat, Dinatriumhydrogenphosphat-Heptahydrat, Polysorbat 80 (E 433), Arginin, Saccharose, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Behandlung erwachsener und pädiatrischer Patienten ab einem Körpergewicht von 10 kg mit PNH: Patienten mit Hämolyse zusammen mit einem oder mehreren klinischen Symptomen als Hinweis auf eine hohe Krankheitsaktivität; Patienten, die klinisch stabil sind, nachdem sie mindestens während der vergangenen 6 Monate mit Eculizumab behandelt wurden. Behandlung erwachsener und pädiatrischer Patienten ab einem Körpergewicht von 10 kg mit aHUS, die zuvor nicht mit Komplementinhibitoren behandelt worden waren oder Eculizumab mindestens 3 Monate lang erhalten und nachweislich auf Eculizumab angesprochen haben. Zusatztherapie zu einer Standardbehandlung bei erwachsenen Azetylcholinrezeptor (AChR)-Antikörper-positiven Patienten mit gMG. Behandlung erwachsener Patienten mit NMOSD, die positiv für Anti-Aquaporin-4(AQP4)-Antikörper sind. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Ravulizumab oder einen der sonstigen Bestandteile; Patienten mit nicht ausgeheilter Infektion mit Neisseria meningitidis bei Behandlungsbeginn; Patienten ohne aktuellen Impfschutz gegen Neisseria meningitidis, es sei denn, sie erhalten eine geeignete Antibiotikaprophylaxe bis zu 2 Wochen nach der Impfung. Nebenwirkungen: Sehr häufig (³ 1/10): Infektion der oberen Atemwege, Nasopharyngitis, Kopfschmerz, Schwindelgefühl, Diarrhö, Übelkeit, Abdominalschmerz, Arthralgie, Rückenschmerzen. Fieber, Ermüdung/Fatigue. Häufig (³ 1/100, < 1/10): Harnwegsinfektion, Überempfindlichkeit, Erbrechen, Dyspepsie, Urtikaria, Pruritus, Ausschlag, Myalgie, Muskelspasmen, grippeähnliche Erkrankung, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Reaktion im Zusammenhang mit einer Infusion. Gelegentlich (≥ 1/1 000, < 1/100): Meningokokkeninfektion, disseminierte Gonokokkeninfektion, anaphylaktische Reaktion. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln oder sonstige Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit: siehe veröffentlichte Fachinformation. Verschreibungspflichtig/ Rezept- und apothekenpflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer/ Zulassungsinhaber: Alexion Europe SAS, 103-105, rue Anatole France, 92300 Levallois-Perret, Frankreich. Stand der Information: Juli 2024
DE/ULT-N/0098
Bildquellen & Copyright
AdobeStock 433024080 (intermedix)