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Chemotherapieindu-
zierte Polyneuropathie: Grundlagen, Diagnostik und Prävention

Lesezeit: 3 Minuten Quelle: PRAXISWELT

Die chemotherapieinduzierte Polyneuropathie (CIPN) ist eine häufige und oft schwerwiegende Nebenwirkung vieler Krebsbehandlungen. Sie betrifft insbesondere periphere Nerven und kann die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Grundlagen, die Diagnostik und die Präventionsstrategien der CIPN.

Grundlagen

CIPN tritt als Folge der Schädigung peripherer Nerven durch verschiedene Chemotherapeutika auf. Zu den häufig betroffenen Wirkstoffgruppen gehören Platinverbindungen (wie Cisplatin und Oxaliplatin), Taxane (Paclitaxel, Docetaxel), Vinca-Alkaloide (Vincristin, Vinblastin), Proteasom-Inhibitoren (Bortezomib) und andere. Die Pathophysiologie der CIPN ist komplex und multifaktoriell, wobei oxidativer Stress, Entzündungsprozesse und direkte Neurotoxizität eine Rolle spielen.

Symptome

Die Symptome der CIPN sind vielfältig und können sensorisch, motorisch und autonom sein. Typischerweise beginnen sie distal und symmetrisch, oft mit Parästhesien, Taubheitsgefühl und Schmerzen in den Händen und Füßen. Motorische Symptome können Muskelschwäche und Ataxie umfassen, während autonome Symptome beispielsweise eine gestörte Blasen- oder Darmfunktion betreffen können.

Diagnostik

Die Diagnostik der CIPN basiert auf einer gründlichen Anamnese und klinischen Untersuchung. Wichtige diagnostische Kriterien umfassen:

  1. Anamnese: Erfassung der Exposition gegenüber potenziell neurotoxischen Chemotherapeutika und zeitlicher Zusammenhang mit dem Auftreten der Symptome.
  2. Klinische Untersuchung: Bewertung sensorischer, motorischer und autonomer Funktionen. Hierzu gehören Tests auf Vibrationsempfindung, Berührungsempfindung, Reflexe und Muskelkraft.
  3. Elektrophysiologische Untersuchungen: Elektromyographie (EMG) und Nervenleitgeschwindigkeitsmessungen (NLG) können zur Bestätigung der Diagnose und zur Differenzierung von anderen neuropathischen Zuständen herangezogen werden.
  4. Bildgebung: In einigen Fällen kann eine MRT-Untersuchung notwendig sein, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.

 

Prävention

Die Prävention der CIPN konzentriert sich auf die Identifikation und Minimierung von Risikofaktoren sowie den Einsatz präventiver Maßnahmen während der Chemotherapie:

  1. Dosisanpassung: Anpassung der Chemotherapiedosierung kann das Risiko einer CIPN verringern, ohne die Wirksamkeit der Krebsbehandlung zu beeinträchtigen.
  2. Substitution: Bei Hochrisikopatienten kann der Austausch eines neurotoxischen Wirkstoffs gegen eine weniger neurotoxische Alternative erwogen werden.
  3. Pharmakologische Prävention: Verschiedene Substanzen wie Antioxidantien (z.B. Vitamin E, Acetyl-L-Carnitin), Antiepileptika (Gabapentin, Pregabalin) und Antidepressiva (Duloxetin) wurden untersucht, jedoch sind die Ergebnisse hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gemischt.
  4. Nicht-pharmakologische Ansätze: Physikalische Maßnahmen wie Kühlung von Händen und Füßen während der Infusion von Neurotoxinen haben in einigen Studien vielversprechende Ergebnisse gezeigt.

 

Fazit

Die chemotherapieinduzierte Polyneuropathie ist eine komplexe und multifaktorielle Nebenwirkung der Krebsbehandlung. Eine frühzeitige Diagnostik und die Implementierung präventiver Maßnahmen sind entscheidend, um die Lebensqualität der Patienten zu erhalten und die langfristigen Folgen zu minimieren. Zukünftige Forschungsarbeiten sind notwendig, um effektive Präventions- und Behandlungsstrategien weiter zu verbessern. Ärzte sollten sich der Risiken und Symptome der CIPN bewusst sein und ein interdisziplinäres Management in Betracht ziehen, um betroffene Patienten bestmöglich zu unterstützen.

 

 

 


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