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Leberkarzinome vielversprechend mit hochintensiven fokussierten Ultraschall behandeln

Lesezeit: 4 Minuten Quelle: MEDMIX Online

Der hochintensive fokussierte Ultraschall (HIFU) ist die am wenigsten invasive und schonendste Therapie der derzeit klinisch eingesetzten Ablationsverfahren für Leberkarzinome.

Unter den derzeit klinisch im Einsatz befindlichen Ablationsverfahren für Leberkarzinome (HCC) stellt der HIFU – hochintensive fokussierte Ultraschall – die am wenigsten invasive und schonendste Therapieoption dar. Der HIFU kann als alternative Behandlungsmöglichkeit bei anderweitig nicht zugänglichen oder Gefäße ummauernden Tumoren eingesetzt werden. Man könnte ihn damit als konsequente Fortsetzung eines in der interventionellen Onkologie seit Jahren anhaltenden Trends zugunsten schonender minimalinvasiver Techniken bezeichnen.

Wirkweise des Verfahrens

Im Rahmen der HIFU-Ablation werden außerhalb des menschlichen Körpers erzeugte Ultraschallwellen genutzt. Ähnlich wie im Brennpunkt einer Lupe das Sonnenlicht gebündelt wird, können beim HIFU durch die Bündelung im Fokus Temperaturen von über 80 Grad Celsius entstehen, die zur Koagulationsnekrose des Gewebes führen. Weitere Wirkmechanismen sind die Implosion kleiner Gasbläschen im Gewebe, sogenannte Kavitation, die Erzeugung von Scherkräften sowie verschiedene immunologische Mechanismen.

Leberkarzinome mit hochintensivem fokussierten Ultraschall behandeln

Prinzipiell unterliegt der therapeutische hochintensive fokussierte Ultraschall den gleichen Einschränkungen wie der diagnostische Ultraschall. Der akustische Zugangsweg darf nicht mit Verbänden bedeckt und der Tumor nicht zu weit von der Oberfläche entfernt sein – die Eindringtiefe des therapeutischen Ultraschalls bei einem gebräuchlichen Gerät liegt bei maximal etwa 11,5 Zentimetern. Auch wenn zu behandelnde Leberkarzinome hinter Knochen liegen oder Luftüberlagerung zum Beispiel durch die Lunge oder überblähte Darmanteile den Blick auf die Organe verhindert, ist der Befund einer HIFU-Therapie nicht zugänglich.

Der Eingriff selbst erfolgt üblicherweise in Allgemeinnarkose. Eine Analgosedierung ist prinzipiell möglich, aufgrund der langen Behandlungszeiten (siehe unten) jedoch nicht zu empfehlen. Während der Therapie befindet sich der Patient in Bauch- oder Seitenlage auf dem Behandlungstisch. Der Schallkopf ist in einem Wassertank unterhalb des Behandlungstisches lokalisiert. Der Tisch hat in diesem Bereich eine Aussparung, sodass der Patient mit dem Oberbauch Kontakt mit dem Wasser hat.

Die Tumorablation kann bis zu sechs Stunden dauern

Die Tumorablation geschieht durch die Aneinanderreihung multipler Fokuszonen auf benachbarten Schichten. Hieraus und durch die Notwendigkeit, den Zugangsweg fortlaufend zu kontrollieren, können sehr lange Behandlungszeiten resultieren (bis zu sechs Stunden). Zu kritischen Strukturen (zum Beispiel größeren Gefäßen, Gastrointestinaltrakt, einliegenden Stents) wird ein Sicherheitsabstand von etwa einem Zentimeter eingehalten, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.

Besondere Herausforderungen bei der Behandlung der Leberkarzinome sind das interkostale Schallfenster, die Atembeweglichkeit der Leber und die langen Interventionszeiten bei häufig großen Tumorvolumina. Im Folgenden werden die Ergebnisse der HIFU-Therapie beim Leberzellkarzinom (hepatozellulären Karzinom; HCC) getrennt von denen bei anderen Lebertumoren erläutert.

Therapie des hepatozellulären Karzinoms

Goldstandard der kurativen Behandlung des Leberzellkarzinoms sind – je nach Ausdehnung und Vorliegen einer Leberzirrhose – die chirurgische Resektion und die Lebertransplantation. Eine in kurativer Absicht durchgeführte Resektion ist allerdings nur in 20 Prozent der Fälle möglich.

Nicht operable lebereigene Leberkarzinome können Ärzte schließlich auch mit HIFU behandeln. Im Gegensatz zu allen anderen lokal-ablativen Verfahren müssen keine Applikatoren oder Elektroden perkutan in den Tumor eingebracht werden. Schließlich ergibt das ein potenzielles Risiko einer Gefäß- oder Organverletzung. Wenn sich Aszites um das zu behandelnde Organ angesammelt hat, ist das besonders der Fall.

Dieses Risiko entfällt beim HIFU, sodass hiermit auch Tumoren in direkter Gefäßnähe beziehungsweise gefäßummauernde Läsionen behandelt werden können. Zudem besteht beim HIFU als nichtinvasive Prozedur im Vergleich zu anderen lokal-ablativen Verfahren keine Gefahr der Tumorzellverschleppung durch den Stichkanal.

Hochintensive fokussierte Ultraschall gegen Leberkarzinome seit 1973 im Einsatz

HIFU ist dabei nicht neu. Erste Untersuchungen konnten bereits 1973 zeigen, dass mittels HIFU eine Destruktion von Lebergewebe möglich war. Seit der ersten erfolgreichen Ultraschall gesteuerten HIFU-Ablation eines Leberkarzinoms (Leberzellkarzinoms, HCC) im Jahr 1993 wurde der HIFU in China vor allem aufgrund der dort hohen Prävalenz von HCCs weiterentwickelt.

So berichteten 87 Prozent der wegen eines fortgeschrittenen HCC in palliativer Absicht behandelten Patienten mit HCC über eine klinische Besserung. Zudem wurde in Studien gezeigt, dass HIFU die Morbidität nach Therapie geringer hielt als nach offenen oder anderen minimalinvasiven Verfahren.

Der HIFU lässt sich sehr gut mit anderen Verfahren kombinieren. Im Falle von HCCs gilt dies insbesondere für die Kombination mit der transarteriellen (Chemo-)Embolisation (TA[C]E). So wurde bei Patienten mit nicht resektablem Leberkarzinom eine deutliche Verlängerung der Überlebenszeiten nach der kombinierten Behandlung mit HIFU-Ultraschall und TACE berichtet.

HIFU-Therapie zur HCC-Therapie als Übergangstherapie vor geplanter Lebertransplantation

Die guten Ergebnisse der HIFU-Therapie zur HCC-Therapie könnten ihren Einsatz als Übergangstherapie („bridging“) bei Patienten mit Leberzirrhose und HCC vor geplanter Lebertransplantation rechtfertigen.

Hinsichtlich eines Vergleichs der HIFU-Therapie mit anderen lokal-ablativen Verfahren fehlen derzeit noch randomisierte, kontrollierte Studien nach GCP-Standards. Bisher wurde retrospektiv gezeigt, dass bei Patienten mit rezidivierendem HCC HIFU beziehungsweise Radiofrequenzablation (RFA) ähnliche Ergebnisse lieferten. Allerdings gelingt mittels HIFU auch die Behandlung von Tumoren in der Nähe großer Gefäße. Demgegenüber ist das für die Radiofrequenzablation oder Mikrowellenablation problematisch.

HIFU-Komplikationen

Bezugnehmend auf die durch die HIFU-Therapie bedingten Komplikationen berichtet eine zusammenfassende Auswertung von 44 Studien über die HIFU-Behandlung der Leberkarzinome von insgesamt 1.493 Patienten über Hautverbrennungen als häufigste Komplikation. In aller Regel handelt es sich um Verbrennungen Grad I oder II, die unter medikamentöser Therapie abheilten. Hautödeme im akustischen Zugangsweg sowie umschriebene Rippennekrosen können weitere Komplikationen darstellen.

Therapie anderer Leberkarzinome

Über den Einsatz des HIFU bei anderen Lebertumoren, wie Lebermetastasen und intrahepatischen Gallenwegstumoren, liegen insgesamt wenige publizierte Daten vor.

Vom technischen Aspekt her unterscheidet sich die ultraschallgesteuerte HIFU-Behandlung (USg-HIFU-Behandlung) eines HCC nicht wesentlich von der bei Lebermetastasen oder beim intrahepatischen Gallengangskarzinom (CCC). Die Behandlungszeiten eines HCC sind bei gleicher Tumorgröße aufgrund der starken Durchblutung wesentlich länger als bei den meist geringer vaskularisierten Metastasen zum Beispiel kolorektaler Tumoren.

Therapie von Lebermetastasen

Im Gegensatz zur HIFU-Behandlung des HCC hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für die Therapie von Lebermetastasen kein Potenzial erkannt. Dies liegt aber weniger daran, dass er hier keine Bedeutung hat, sondern daran, dass es derzeit (noch) keine deutschen Studien gibt, mit denen sich der Stellenwert belegen lässt. Dies gilt zwar ebenso für zahlreiche weitere zugelassene Verfahren, diese mussten aber eine solche Bewertung durch den G-BA nicht durchlaufen, die letztes Jahr in diesem Zusammenhang erstmalig durchgeführt wurde.

Bei der Therapie von Lebermetastasen stehen kolorektale Karzinome im Vordergrund. Im Allgemeinen werden singuläre Metastasen bis zu etwa fünf Zentimeter Größe oder Oligometastasen mittels HIFU behandelt. Bei multiplen Metastasen kann HIFU im Einzelfall angewendet werden, wenn zum Beispiel unter einer medikamentösen Therapie zwei bis drei Herde wachsen und die anderen unter Therapie rückläufig oder stabil sind.


Literatur:

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Quelle:

Statement » Leberkarzinome vielversprechend therapieren – mittels HIFU «. Professor Dr. med. Holger Strunk, Oberarzt in der Radiologischen Universitätsklinik Bonn. Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM).


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