Medizin & Wissenschaft

Lebensmittel – Stets überwacht

Lesezeit: 3 Minuten Quelle: Österreichische Ärztezeitung

Von den mehr als 250 fakultativen Erregern einer lebensmittelbedingten Erkrankung sind in Österreich lediglich 20 von Bedeutung. Campylobacter und Salmonellen sind die häufigsten Verursacher. Ähnlich wie bei Arzneimitteln ist auch hier die laufende Qualitätskontrolle von zentraler Bedeutung, wie sich aktuell bei verunreinigter Schokolade zeigte.

von Manuela‑C. Warscher

Insgesamt 21 lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche, von denen insgesamt 67 Personen betroffen waren, wurden 2020 in Österreich gemeldet. Nach Campylobacter mit zehn Ausbrüchen und 26 Betroffenen nahmen dabei Salmonellen mit sieben Ausbrüchen und 28 Betroffenen die zweite Stelle ein. Monophasischer Salmonella typhimurium war es, der Anfang April dieses Jahres in verschiedensten Schokoladeprodukten zu knapp 200 bestätigten Fällen in neun Staaten führte. In Österreich waren laut Agentur für Gesundheits- und Ernährungssicherheit (AGES) bis März 2022 sieben Personen betroffen; davon sechs Kinder zwischen drei und sechs Jahren.

Salmonellen bei Eigenkontrolle entdeckt

Entdeckt wurde Salmonella typhimurium im Dezember 2021 im belgischen Produktionsbetrieb, nachdem dieser Eigenkontrollen in einem Buttermilchtank durchgeführt hatte. Nach verstärkten Hygienemaßnahmen und negativen Salmonellen-Tests lieferte das Unternehmen weiter aus. Allerdings: Mit der steigenden Zahl an Salmonellen-Infektionen und laut molekularen Typisierungen blieb das belgische Werk weiterhin Ursprung des Ausbruchs. Der belgische Betrieb hat daraufhin alle Chargen zurückgerufen. Die AGES teilt dazu in einer schriftlichen Stellungnahme mit: „Kommt der Hersteller beziehungsweise Inverkehrbringer dieser Verpflichtung nicht nach oder liegt gemäß dem vorläufigen Endbericht eines lebensmittelbedingten Krankheitsausbruchs der begründete Verdacht vor, dass Lebensmittel weitere Menschen gefährden könnten, warnt die AGES im Auftrag des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz die Öffentlichkeit vor gesundheitsschädlichen Produkten.“

Salmonellen und Campylobacter dominieren

Nach der Campylobacteriose ist die Salmonellose in der EU die zweithäufigste lebensmittelassoziierte Infektion. Während in der EU Eier und Eiprodukte mit 22 Prozent die Hauptursachen für den Ausbruch darstellen, ist es in Österreich primär Geflügel. Grundsätzlich gelten zwei oder mehr Fälle im Zusammenhang mit dem gleichen Lebensmittel oder es stammt von gleichen Lebensmittelproduzenten oder eine stärkere Häufung als erwartet als Verdacht für einen lebensmittelbedingten Ausbruch. Je nachdem, ob diese Ausbrüche nachverfolgt werden konnten, werden sie in jene mit starker und schwacher Evidenz sowie auf Haushaltsausbrüche mit Infizierten in einer Familie eingeteilt. „In den letzten Jahren hat sich die Epidemiologie gewandelt – nicht zuletzt aufgrund der veterinärmedizinischen Interventionen wie Impfungen“, erklärt Ingrid Heller vom Department für Hygiene und Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck. „Früher waren rohe Eier und Tiramisu häufig mit Salmonella enteritidis besiedelt und führten zu Darmentzündungen. Heute ist die Inzidenz wegen der Impfung in Aufzuchtbetrieben extrem niedrig.“ Tatsächlich gingen Salmonellosen von 2002 bis 2016 um mehr als 80 Prozent zurück – nicht zuletzt aufgrund des Rückgangs der S.-enteritidis-Infektionen von mehr als 7.450 (2002) auf 671 im Jahr 2016.

Von den mehr als 250 Erregern wie Listerien oder Salmonellen und Toxinen (St. aureus oder Bacillus cereus), die eine lebensmittelbedingte Erkrankung auslösen können, sind in Österreich lediglich 20 von Bedeutung. „Die Differenzierung zwischen Intoxikationen und Infektionen ist essentiell. Bei Intoxikationen ist es nämlich nicht der Keim, der die Erkrankung auslöst, sondern das Toxin, das er bildet“, führt Heller aus. Diese Toxine seien hitzestabil, daher reiche ein Erhitzen oft nicht aus, um sie abzutöten. Jedenfalls treten Symptome wie Übelkeit oder Erbrechen nach einer solchen Intoxikation „wenige Stunden“ nach dem Konsum des Lebensmittels auf und klingen ebenso rasch wieder ab. Daher sei es laut Heller auch nicht ratsam, eine Diagnostik einzuleiten und beispielsweise „Erbrochenes ins Labor zu schicken“, da die Laboranalyse „erst nach Abklingen der Symptome vorliegen“ wird.

Ein „lebender Erreger“, den der Konsument zu sich nimmt und der sich in Folge im Körper vermehrt und ausbreitet, löst die Lebensmittelinfektion aus. „Am häufigsten passiert das mit Campylobacter“, so Heller. Der wesentliche Unterschied bei Infektionen liege in der Inkubationszeit, denn der Erreger braucht Zeit, um sich im Körper zu vermehren. „Daher liegt die Inkubationszeit auch bei bis zu drei Tagen“, erklärt Heller. Dennoch: Beide Erkrankungen sind selbstlimitierend und daher auch nach wenigen Tagen vorbei. Allerdings können Infektionen auch zu schweren und lebensbedrohlichen Erkrankungen führen; Verdachts‑, Erkrankungs- und Todesfälle müssen dann in das epidemiologische Meldesystem gemeldet werden.

Bei bakteriell verursachten Durchfallerkrankungen findet in der Regel keine Übertragung von Mensch zu Mensch statt. „Vielmehr rührt das gemeinsame Auftreten einer Diarrhoe vom Genuss der gleichen Nahrung. Dass Salmonellen direkt von Mensch zu Mensch übertragen werden, ist die Ausnahme, nicht die Regel“, so Heller. Anders verhält es sich bei viralen Durchfallerkrankungen. „Noroviren können sowohl über Lebensmittel als auch von Mensch zu Mensch weitergegeben werden und sind sehr infektiös.“ Als Unterscheidungsmerkmal gilt: Eine Infektion mit Noroviren ist charakterisiert durch Erbrechen zu Beginn und später Durchfälle; eine Infektion mit Salmonellen äußert sich in kurzem und weniger dramatischem Erbrechen sowie länger anhaltenden Durchfällen. Die anamnestische Abklärung auf Grundlage der Speisen, die der Patient zu sich genommen hat, wann er gegessen hat, in welchem Zeitraum welche Symptome aufgetreten sind, bestimmt auch die nächsten Interventionen.

Gezielte laboranalytische Abklärung

Bei Verdacht auf Salmonellen mache es laut Heller Sinn, eine Stuhlprobe zu untersuchen. Ist eine laboranalytische Abklärung notwendig, sollte dies gezielt und zeitnahe erfolgen. Heller dazu: „Es macht nämlich keinen Sinn, die Probe eine Woche nach der Infektion ins Labor zu schicken.“ Wichtig sei bei einer Stuhlprobe auf die adäquate Menge (mindestens walnussgroß beziehungsweise zwei Milliliter, höchstens halbvolles Gefäß) zu achten. „Eine Präzisierung der Untersuchungen, die im Labor durchgeführt werden sollen, ist der Schlüssel. Ein vollständiges Ankreuzen aller Untersuchungen ist nicht zielführend.“ Bestätigt sich der Verdacht, sind „Antibiotika in der Regel nicht indiziert, vielmehr sollte eine symptomatische Behandlung erfolgen“, weiß Heller. Antibiotika sind jedoch indiziert bei Immunsupprimierten oder älteren Personen – vor allem dann, wenn Fieber als Begleitsymptomatik aufgetreten ist.

Kontrolle von Lebensmitteln

In Österreich analysiert und begutachtet die AGES oder die Untersuchungsstellen von Kärnten und Vorarlberg die Proben. Die Gutachten, die an die zuständige Landesbehörde übermittelt werden, sind Grundlage für allfällige Maßnahmen oder Anzeigen. Die EU-Mitgliedstaaten wiederum müssen Daten über lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche an die europäische Lebensmittelbehörde EFSA melden.


Bildquellen & Copyright

©Österreichische Ärztezeitung Nr. 10/2022

Pixabay #4905258 I Urheber: fernandozhiminaicela


Ganzen Artikel lesen
Cookie