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Riesenzellarteriitis mit Cortison, Methotrexat oder Tocilizumab behandeln

Lesezeit: 2 Minuten Quelle: MEDMIX Online

Die zusätzliche Gabe von Tocilizumab oder Methotrexat zur Cortison-Monotherapie kann bei der Riesenzellarteriitis den Cortisonbedarf und das Rezidivrisiko langfristig senken.

Die Riesenzellarteriitis (RZA) ist die in Nordeuropa häufigste Form einer autoimmunen Gefäßentzündung (Vaskulitis). Die Riesenzellarteriitis betrifft Menschen ab dem 50. Lebensjahr und verursacht häufig starke Kopfschmerzen, insbesondere im Bereich der Schläfen. Zudem treten auch Schmerzen der Becken- und Schultergürtelmuskulatur, Kauschmerzen und nicht selten auch ein ungewollter Gewichtsverlust und Fieber auf. Als schwere Komplikationen können auch Sehstörungen bis zur Erblindung oder Schlaganfälle auftreten. Zur Behandlung der Riesenzellarteriitis kommen heute vor allem Cortison und zusätzlich Methotrexat oder Tocilizumab zum Einsatz.

Diagnostik

Mit der umgehenden Durchführung einer Ultraschalluntersuchung der Gefäße oder anderer bildgebender Verfahren wie MRT oder PET-CT in spezialisierten Kliniken (sogenannten „Fast-Track Clinics“) kann die Erkrankung heute schneller und in der Mehrzahl der Fälle auch ohne Biopsie sicher diagnostiziert werden, was dann auch die Gefahr einer Erblindung reduziert.

Riesenzellarteriitis mit Cortison behandeln

Die Riesenzellarteriitis wurde bis dato überwiegend ausschließlich mit initial hoch dosierten Glukokortikoiden therapiert. Die Behandlung mit Glukokortikoiden ist in der Regel zunächst erfolgreich. Ergebnisse aus in den letzten Jahren veröffentlichten großen Kohortenstudien zeigen jedoch, dass es bei bis zu 70 Prozent der Patienten im weiteren Verlauf zu Rückfällen kommt, sobald die Dosis der Glukokortikoide reduziert oder die Therapie ganz ausgeschlichen wird.

Zudem kommt es bei einem Teil der Patienten zu strukturellen Gefäßschäden, die dann zum Beispiel bei Befall der Aorta zur Ausbildung von Aortenaneurysmen führen, was dann wiederum nach Jahren die Mortalität erhöht. Zudem führt der hohe, lang dauernde Bedarf an Glukokortikoiden im Krankheitsverlauf häufig zu therapiebedingten Folgeschäden wie Osteoporose, Diabetes und Katarakt („grauer Star“).

Zusätzlich zu Cortison Tocilizumab oder Methotrexat bei Riesenzellarteriitis einsetzen

Mit dem Ziel, die Glukokortikoidexposition bei der RZA zu reduzieren und das Rezidivrisiko zu senken, wurden in jüngster Zeit konventionelle und biologische Therapien in klinischen Studien untersucht. Einige der Studien kamen zu positiven Ergebnissen, die zum Beispiel für den Interleukin-6-Antagonisten Tocilizumab kürzlich zu einer Zulassung für die RZA geführt haben. Der Stellenwert der neuen Therapieoptionen für die Behandlung der RZA im klinischen Alltag war bis dato aber nicht eindeutig definiert. Auf dem europäischen Rheumatologen-Kongress wurden im Juni 2019 neue europäische Empfehlungen (EULAR) zum Management der Riesenzellarteriitis vorgestellt.

Die EULAR-Leitlinien empfehlen für Patienten mit erhöhtem Risiko für Glukokortikoid-induzierte Therapiefolgen oder für Patienten mit stattgehabtem Rezidiv eine additive Therapie mit Tocilizumab oder Methotrexat. Klinische Studien hatten gezeigt, dass die Gabe von Tocilizumab oder Methotrexat im Vergleich zu einer Glukokortikoidmonotherapie den Glukokortikoidbedarf und das Rezidivrisiko langfristig senkt.


Literatur:

Crain MA, Lakhani DA, Winkler L, Adelanwa A, Kim C. Giant cell arteritis: A case report and review of literature. Radiol Case Rep. 2021 Oct 2;16(12):3734-3738. doi: 10.1016/j.radcr.2021.08.072. PMID: 34630809; PMCID: PMC8493503.

Stone JH et al. Trial of Tocilizumab in Giant-Cell Arteritis. N Engl J Med. 2017; 377:317-328.

Mahr AD et al.: Adjunctive methotrexate for treatment of giant cell arteritis: an individual patient data meta-analysis. Arthritis Rheum. 2007; 56(8):2789-97.

Hellmich B et al.: 2018 Update of the EULAR recommendations for the management of large vessel vasculitis. Ann Rheum Dis. 2019;0:1-12. doi: 10.1136/annrheumdis- 2019-215672 [Epub ahead of print].


Quelle:

Statement » Rheumatischer Kopfschmerz und seine Folgen: neue Erkenntnisse zur Riesenzellarteriitis «. Professor Dr. med. Bernhard Hellmich Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Rheumatologie und Immunologie an der Medius Klinik Kirchheim. 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR), August 2019, Berlin.


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