Medizin & Wissenschaft

Negative Patientenbewertung online? So regieren Sie richtig

Lesezeit: 3 Minuten Quelle: Praxiswelt

Arztbewertungsportale sind mittlerweile ein wichtiges Medium des Praxismarketings geworden. Als Stimmungsbildgeber und Reputationsindikator für Arztpraxen aller Fachrichtungen geben Sie potenziellen neuen Patienten und Teammitgliedern Orientierung über die Praxisqualität. Was im positiven Fall für glaubwürdige Empfehlungen sorgt, kann bei negativen Bewertungen leider auch nach hinten losgehen. In diesem Beitrag geben wir Ihnen Empfehlungen, wie Sie mit schlechten Rezensionen umgehen und sie sogar zu Ihrem Vorteil nutzen können.

Durchatmen. Prüfen. Besonnen reagieren.

Eine schlechte Bewertung kann sich anfühlen, wie ein Schlag in die Magengrube. Erster Schritt ist daher immer: tief durchatmen und versuchen sie nicht persönlich zu nehmen. Dann sollten Sie an dem Geschriebenen eine gründliche Anamnese vornehmen. Hat der Patient eine berechtigte Kritik geäußert, die Sie anhand eines Beispiels nachvollziehen können? Dann ist das sogar eine Chance für Sie, Schwachstellen zu erkennen und diese zu beheben.
Nachdem Sie den Vorfall intern geprüft und mit den Beteiligten besprochen haben, schreiben Sie die Antwort. Tun Sie das in einer ruhigen Verfassung, ohne Wut. Im besten Fall können Sie den verärgerten Patienten für sich gewinnen. In jedem Fall zeigen Sie allen zukünftigen Lesern der Bewertung, dass Sie Kritik ernst nehmen und sich um eine konstruktive Lösung bemühen. Eine Studie von Bazaarvoice, unterstützt diese These. Dabei ging es zwar um Konsum- und nicht um Gesundheitsthemen, der Effekt kann aber in vielen Fällen ähnlich sein: Sieben von 10 Rezensenten änderten ihre Meinung über das Unternehmen, nachdem es auf ihre Bewertung reagiert hatte. Zudem gingen 41 % der Befragten davon aus, dass Unternehmen, die auf Bewertungen antworten, sich wirklich für ihre Kunden interessieren.
TIPP: Bei schwerwiegenden Vorwürfen sollten Sie vorsichtig mit Ihrer Antwort sein, da diese ungewollt als Schuldeingeständnis gewertet werden könnten. Lassen Sie sich in solchen Fällen rechtlich beraten.


So wehren Sie sich gegen Schmähkritik

Anders sieht es jedoch aus, wenn es sich um eine reine Schmähschrift handelt, die unwahr, diffamierend oder rufschädigend sind. Bei Rezensionen, der folgenden Art, können Sie sich wehren:

  • Rechtliche Verstöße wie Beleidigungen (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) oder auch Verleumdung (§ 187 StGB)
  • Schmähkritik oder mehrfache schlechte Bewertungen im gleichen Portal
  • Bewertungen, die bewusst unwahr formuliert sind, z. B. weil es nachweislich keine Behandlung gab, diese bereits zu lange zurückliegt oder der Sachverhalt nachweislich anders als beschrieben stattgefunden hat
  • Bewertungen, die nicht eindeutig Ihnen zuzuordnen sind, z. B., weil ein anderer als der behandelnde Arzt bewertet wurde
  • Bewertungen durch einen unbeteiligten Dritten
  • Bewertungen mit nur einem Stern ohne textliche Erläuterung

Da die Vorrangigkeit von dem Recht auf freie Meinungsäußerung oder dem Persönlichkeitsrecht nicht immer leicht zu beurteilen ist, ist es sinnvoll, einen Fachanwalt um eine professionelle Einschätzung zu bitten.

Löschung über das Portal beantragen

Große Ärzteportale wie Jameda sind nach dem „Jameda-II“-BGH-Urteil vom 1. März 2016 verpflichtet, Prozesse für den Umgang mit negativen Arztbewertungen zu etablieren und ihre Richtlinien entsprechend anzupassen. Verstößt eine Patientenbewertung gegen diese Richtlinien, können Sie bei dem Portalbetreiber eine Löschung der negativen Bewertung beantragen.
Dafür müssen Sie umfassend begründen, warum diese gelöscht werden sollte. In einem internen Prüfprozess wird Ihr Antrag geprüft und Sie erhalten eine entsprechende Rückmeldung. Gibt z. B. Jameda Ihrem Antrag statt, weil die schlechte Bewertung unrechtmäßig ist, wird diese gelöscht. Wird der Antrag abgelehnt, haben Sie immer noch die Möglichkeit Unterstützung durch einen Fachanwalt einzuholen.

Neben den Stimmen auf spezialisierten Portalen spielen auch Rezensionen auf Google eine bedeutende Rolle. Wenn Sie als Arzt über ein Unternehmensprofil verfügen und eine Patientenbewertung gegen die Richtlinien von Google verstößt, sollten Sie das über das entsprechend verfügbare Formular melden.

In den Google-Richtlinien ist unter anderem festgehalten:
„Die Beiträge müssen auf tatsächlichen Erfahrungen und Informationen basieren. Fake-Inhalte, kopierte oder gestohlene Fotos, nicht themenbezogene Rezensionen, Verleumdungen, Beleidigungen, persönliche Angriffe sowie unnötige oder falsche Angaben verstoßen gegen unsere Richtlinien. Bitte melden Sie uns solche Beiträge.“

Google leitet die eingegangene Beschwerde üblicherweise an die Bewertenden weiter und fordert sie zu einer Stellungnahme auf, die innerhalb einer gesetzten Frist abzugeben ist. Wenn der Absender der Bewertung nicht reagiert oder wenn sich die Beschwerde als ungerechtfertigt herausstellt, bestätigt Google die Löschung im Normalfall. Für diese erste Prüfphase sollten Sie bis zu zwei Wochen einkalkulieren.

 

Was taugen Löschungsagenturen?


Wenn Sie zu dem Thema „Negative Bewertung löschen“ im Internet suchen, tauchen sogenannte Löschagenturen auf, die ihre Dienstleistung an Ärzte verkaufen. Diese Dienste sind mit Skepsis zu betrachten, weil die Löschungsagenturen nur einen eingeschränkten Handlungsspielraum haben. Sie können Sie z. B. nicht vor Gericht vertreten und Bewertungsportale wie Jameda, DocInsider oder Sanego reagieren häufig eher spät oder gar nicht auf solche profitgetriebenen Anfragen.

Fazit: Nehmen Sie sich berechtigter Kritik mit Besonnenheit an, aber nehmen Sie nicht alles persönlich. Wenn Sie sich in Ihren Rechten verletzt fühlen, oder online eventuell sogar mit haltbaren schwerwiegenden Anschuldigungen konfrontiert werden, sollten Sie sich professionelle Hilfe durch einen Fachanwalt holen.


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