Medizin & Wissenschaft

Bursitis: Überreizt und strapaziert

Lesezeit: 4 Minuten Quelle: Österreichische Ärztezeitung

Mechanische Überlastung ist die Ursache für eine Bursitis am Knie oder Ellenbogen. Mitunter kann eine Bursitis auch eines der ersten Anzeichen für eine rheumatische Erkrankung sein. Bei Patienten mit einer Endoprothese kann die verzögerte Behandlung einer Bursitis eine Gefahr für das künstliche Gelenk darstellen.

von Martin Schiller

Pro Jahr kommt es pro 100.000 Einwohnern zu zehn Bursitiden. In 80 Prozent der Fälle sind Männer betroffen, wobei die Altersspitze zwischen 40 und 60 Jahren liegt. Die mechanische Überreizung durch Schläge, häufiges Abstützen oder Niederknien ist die Hauptursache für die akute aseptische Bursitis am Ellbogen (Bursitis olecrani) und am Knie (Bursitis präpatellaris, infrapatellaris). Hinzu kommt als dritte mechanisch-bedingte Form die Bursitis suprapatellaris, die durch Verletzungen beziehungsweise Zusammenstöße entsteht. Seltener kommen auch Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises als Auslöser einer aseptischen Bursitis in Frage, weil das inflammatorische Geschehen auf den Schleimbeutel übergreifen kann, wie Univ. Prof. Bernd Stöckl, Leiter der Abteilung für Orthopädie am Klinikum Klagenfurt am Wörthersee erklärt: „Die Bursa ist mit einer Gelenkshaut ausgestattet und kann daher im Rahmen einer rheumatischen Erkrankung genauso inflammiert werden.“ Daher müsse auch eine Psoriasis als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden. Die Bursitis könne allerdings auch eines der ersten Anzeichen für eine rheumatische Erkrankung sein: „Das gilt besonders bei wiederkehrendem Auftreten. In manchen Fällen bestehen noch keine anderen Rheuma-Symptome, aber es ist möglich, dass die rheumatische Erkrankung hier ihren Ausgang nimmt“, erklärt Stöckl. Ein Risikofaktor sei auch eine Gicht: „Die Ablagerung von Harnsäurekristallen in der Bursa führt zu Reizungen und kann eine Entzündung auslösen. In der Mikroskopie des Punktats sind die Kristalle dann gut nachweisbar.“

Drei Formen der traumatischen Bursitis

Die drei Formen der traumatischen Bursitis sind laut Univ. Prof. Christian Gäbler, Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie in Wien, folgende:

  • gedeckt traumatisch mit schmerzhaften Einblutungen und Risiko für Chronifizierung,
  • offene Bursitis: Gäbler stuft diese mit einem hohen Infektionsrisiko ein, „weil der Schleimbeutel vom körpereigenen Abwehrsystem schlecht erreicht wird“.
  • infektiöse Bursitis: infolge einer hämatogenen Streuung können sich Keime über die Blutbahn im Schleimbeutel ansiedeln und dort eine bakterielle Entzündung auslösen. „Das kann auch ohne zuvor erfolgte Verletzung der Bursa geschehen“, sagt Gäbler.

Die Diagnose der akuten Bursitis am Ellbogen und am Knie ist klinisch-charakteristisch mit Schmerzen, Schwellung, Rötung und Überwärmung der Schleimbeutel. Liegt eine chronische Bursitis vor, verspürt der Patient laut Gäbler eine Art Beutel am betroffenen Gelenk, aber der Schmerz sei nicht so deutlich ausgeprägt wie bei der akuten Form.

Zeigt sich im Rahmen der routinemäßig bei Bursitis durchgeführten Blutuntersuchung ein deutlich erhöhter CRP-Wert, deutet dies auf eine septische Verlaufsform hin. Diese macht rund ein Drittel der akuten Schleimbeutelentzündungen aus und geht sehr häufig mit Temperaturerhöhung einher. Bei unklarer Ursache der Bursitis sollte laut Gäbler eine Punktion mit Bakteriogramm erfolgen. Damit könnten auch Einblutungen festgestellt werden. Bei Verdacht auf eine traumatische Schleimbeutelentzündung sollte außerdem ein Röntgen veranlasst werden. „Zur schnelleren Abklärung kann auch eine Sonographie erfolgen“, wie Gäbler ergänzt.

Stöckl merkt an, dass das Röntgen auch dazu diene, mögliche Knochensporne als Verursacher der Reizung zu ermitteln. Bei einer rezidivierenden Bursitis stelle sich dann eine Indikation für eine operative Entfernung der betroffenen Bursa dar. Liegt eine atypische Lokalisation vor und ist der Schleimbeutel nicht verschieblich, rät Gäbler zur Durchführung einer Magnetresonanz, um die Diagnose Bursitis zu sichern.

Therapie bei Überlastung

Die Standardtherapie der mechanisch-überlastungsbedingten akuten Bursitis am Ellbogen und Knie erfolgt durch Ruhigstellung des betroffenen Gelenks (gegebenenfalls auch mit Gips), Kühlung, Topfenwickel und Gabe von NSAR bis zum Abklingen der Beschwerden. Stöckl empfiehlt darüber hinaus Salben mit Kampfer für eine kühlende Wirkung. Die septische Bursitis erfordert über die Basismaßnahmen hinaus die Gabe von Antibiotika. „Meistens sind Staphylokokken der Erreger. Daher wird mit Aminopenicillin oder Cephalosporinen behandelt. Seltener sind Streptokokken die Erreger. Der Verlauf ist dann schwerer“, berichtet Stöckl. Wenn sich beim Patienten zusätzlich den genannten Symptomen ein starkes Krankheitsgefühl einstellt, rät er zur Überweisung in die Klinik.

Wie geht man vor, wenn Druck und Flüssigkeitsansammlung nicht zurückgehen? „Geht die akute Form in eine chronische über, sollte die Bursa punktiert werden, um den Druck zu reduzieren“, sagt Gäbler und führt weiter aus: „Sollte sich die akute Symptomatik nicht wie gewünscht bessern, kann unter absolut sterilen Bedingungen Kortison infiltriert werden, um die vermehrte Flüssigkeitsproduktion im Schleimbeutel zu stoppen und die Entzündung zum Abklingen zu bringen.“ Der Experte weist aber drauf hin, dass die Infiltration ein Infektionsrisiko aufweise und somit „nicht die Therapiemethode der ersten Wahl ist“.

Die häufig postulierte Anwendung von Bandagen sehen beide Experten skeptisch. „In der Ruhigstellung zeigt sich kein positiver Effekt durch das Tragen von Bandagen, sagt Stöckl. Ganz im Gegenteil: „Bandagen sorgen für zusätzlichen Druck am Ellbogen oder Knie und dadurch für einen weiteren Reiz.“ Gäbler ergänzt, dass eine kräftige Kompressionsbandage nur in den ersten zwei bis drei Stunden nach einer Punktion sinnvoll ist. „Spätestens nach drei bis vier Stunden sollte man sie jedoch abnehmen.“

Gefahr für Endoprothesen

Stöckl berichtet, dass eine beträchtliche Zahl derjenigen, die an einer Bursitis leiden, einige Tage mit einem Arztbesuch zuwartet. „Gerade bei einer bakteriellen Infektion der Bursa kann es dann zu Komplikationen kommen – etwa, wenn sich die Entzündung ausbreitet und so das Auftreten einer Phlegmone begünstigt.“ Bei Endoprothesen sei höchste Vorsicht geboten: „Eine Bursitis, die spät behandelt wird, kann das Kunstgelenk unter Umständen gefährden.“ Ein verzögerter Therapiebeginn der bakteriell bedingten Bursitis erhöht außerdem das Risiko für septische Komplikationen wie ein Nierenversagen und Keimbesiedelung der Herzklappen.

Zunächst komplette Ruhigstellung

In der Akutphase einer Bursitis muss mit sportlichen Aktivitäten pausiert werden. Aber auch nach dem Abklingen sollte man laut Stöckl nicht sofort zum bisherigen Pensum zurückkehren. „Mit einer Ruhigstellung von zwei Wochen ist zu rechnen.  Danach sollte langsam über einen Zeitraum von bis zu drei Wochen wieder mit Vollbelastung begonnen werden, idealerweise mit Unterstützung durch Physiotherapie.“ Wird zu früh intensiv belastet, steigt das Risiko für ein erneutes, heftigeres Auftreten enorm und kann eine chirurgische Entfernung der Bursa erforderlich machen. Stöckl empfiehlt außerdem eine Ergotherapie: „Zum Beispiel können bei hoher Belastung auf den Ellbogen Adaptierungen am Arbeitsplatz hilfreich sein.“ Für Berufe mit einer starken Belastung der Knie und einem erhöhten Risiko für ein neuerliches Auftreten (wie etwa bei Fliesenlegern) raten Stöckl und Gäbler nachdrücklich zur Verwendung von Knieschonern oder Kniepads. Liegt eine chronische Bursitis vor, muss von Fall zu Fall über eine mögliche Sportpause entschieden werden, sagt Gäbler. Ausgeschlossen seien sportliche Aktivitäten aber jedenfalls nicht, „solange die Beweglichkeit des Gelenks nicht beeinträchtigt ist“.

Mobilisierung nach Bursektomie

Bei einer offenen Bursa ist eine Bursektomie aufgrund des hohen Infektionsrisikos unumgänglich. Das gelte laut Gäbler auch für eine bakterielle Infektion, die trotz Antibiotikagabe nicht unter Kontrolle gebracht werden kann. Die chronische Bursitis, die aufgrund der anhaltenden Schwellung und Bewegungseinschränkung die Lebensqualität mindert, stellt eine weitere Indikation für eine operative Entfernung dar. Prinzipiell kämen die Betroffenen nach der Operation gut ohne Bursa zurecht. „Allerdings muss danach an der Beweglichkeit der Haut gearbeitet werden, sonst empfindet der Patient die Verklebung der Hautschichten mit der darunterliegenden Sehne als sehr unangenehm. Dies äußert sich als extremer Narbenzug in der Beugung.“ Bei der Nachbehandlung sei deshalb wichtig, dass die Patienten genau diese Mobilisierung der Hautschichten erlernen. „Entscheidend ist dabei die Phase nach dem Eingriff“, betont Gäbler.


Bildquellen & Copyright

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24_2023
Freepik


Ganzen Artikel lesen
Cookie