Medizin & Wissenschaft

Plötzlich Pflegefall, was nun?

Lesezeit: 3 Minuten Quelle: Praxiswelt

5 Schritte zu Pflegeleistungen

Akute Erkrankungen oder Unfälle können Pflege leider von heute auf morgen notwendig machen. Das stellt das Leben der Betroffenen und der Angehörigen auf den Kopf. Jetzt müssen in kürzester Zeit viele Entscheidungen getroffen werden. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen die ersten wichtigen Schritte, die im Falle einer Pflegebedürftigkeit zu tun sind, geben Ihnen Tipps und eine erste Orientierung.


1. Pflegeberatung wahrnehmen

Lassen Sie sich beraten! Durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz aus dem Jahr 2009 wurde die individuelle Pflegeberatung als Rechtsanspruch in § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) festgelegt. Das bedeutet, dass jeder Pflegebedürftige bzw. die Angehörigen grundsätzlich ein Recht auf Pflegeberatung hat.
Wenden Sie sich also im Pflegefall immer an Ihre Pflegekasse. Sie benennt eine für Sie persönlich zuständige Pflegeberaterin beziehungsweise zuständigen Pflegeberater, an die beziehungsweise den Sie sich mit allen Fragen wenden können.

2. Pflegebedarf ermitteln

Parallel ist es wichtig zu ermitteln, wie hoch der Pflegebedarf in Ihrem Fall ist. Benötigt Ihr Angehöriger 24-h-Betreuung oder lediglich punktuelle Unterstützung z. B. beim Anziehen, Waschen oder Essen? Dokumentieren Sie den täglichen Aufwand in einem Pflegetagebuch, das wird Ihnen helfen, die zeitliche und auch die psychische Belastung realistisch einzuschätzen. Außerdem ist Ihre Dokumentation eine gute Argumentationsgrundlage, um Ihre Ansprüche bei der Pflegekasse geltend zu machen.

Auf Basis Ihrer dokumentierten Erfahrungen im Pflegealltag und mit Hilfe eines Pflegegradrechners können Sie den wahrscheinlichen Pflegegrad Ihres Angehörigen gut selbst einschätzen. Dazu bietet der VdK auf seiner Website ein entsprechendes Tool.

 

3. Lösungskonzept entwickeln

Wie könnte Ihr pflegebedürftiger Angehöriger zukünftig versorgt werden? Ist die häusliche Pflege eine Option? Können Sie oder die Familie bestimmte Bereiche abdecken? Wäre ein ambulanter Pflegedienst hilfreich und ist auch das Wohnumfeld so gestaltet, dass der oder die Pflegebedürftige dort gut zurechtkommen kann?
Beantworten Sie sich alle Fragen kritisch und informieren Sie sich über alle Wohnformen und Angebote für die Altenpflege. Besprechen Sie alle Optionen und auch die Ängste und Sorgen offen miteinander. Idealerweise skizzieren Sie anschließend gemeinsam Ihr Wunschkonzept, wie die Pflege zukünftig aufgeteilt werden kann und welche Maßnahmen notwendig wären, um diese sicherzustellen.


4. Pflegegrad beantragen

Nach ihrer Status-quo-Analyse wissen Sie in etwa, welcher Pflegegrad Ihnen bzw. der pflegebedürftigen Person zusteht. Die Beantragung erfolgt über die Pflegekassen, die den Krankenversicherungen angeschlossen sind. Hier stehen Ihnen die regulären Ansprechpartner der Krankenkasse des Pflegebedürftigen mit Rat und Tat zur Verfügung.
Nach der Antragstellung wird sich der Medizinische Dienst (MDK) zu einem Hausbesuch anmelden, um die Pflegebedürftigkeit zu begutachten. Eine gründliche Vorbereitung auf diese Begutachtung ist sehr wichtig. Für eine realistische Einschätzung sollte der Gutachter oder die Gutachterin die Realität erleben. Es ist nicht sinnvoll, dass Sie die Lage beschönigen.
Das Gutachten des MDK wird entscheiden, ob ein Pflegegrad anerkannt oder abgelehnt wird. Legen Sie auf jeden Fall Widerspruch ein, wenn er nach Ihrer Meinung zu niedrig angesetzt oder sogar ganz abgelehnt wurde.

 

5. Pflegeleistungen beantragen

Sobald der Pflegegrad genehmigt wurde, können Sie Pflegeleistungen in Form von Pflegegeld, Pflegesachleistungen (Bezahlung des Pflegedienstes), Kombinationspflege, Kurzzeitpflege usw. beantragen. Durch Ihr vorher erstelltes Konzept, wissen Sie nun genau, was Sie beantragen möchten. Sobald Sie die Leistungen abrufen können, ist es an der Zeit, den neuen Pflegealltag zu organisieren. Suchen Sie sich die passenden Dienstleister und Services und erstellen Sie einen Tagesablaufplan.


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