Medizin & Wissenschaft
Histaminintoleranz erkennen und behandeln
Lesezeit: 3 Minuten Quelle: Praxiswelt
In Deutschland leiden mehr als zwei Millionen Menschen an einer Histaminintoleranz.
Migräne, Schwindel, Kopfschmerzen, Blähungen, Durchfall, Herzrasen, Menstruationsbeschwerden, Gelenkbeschwerden, Erschöpfungszustände,
Müdigkeit und Schlafstörungen können die Folge sein. Weil diese Symptome so unterschiedlich und vielfältig sind, wissen nur wenige Betroffene, dass hinter diesen Beschwerden eine Unverträglichkeit steckt.
In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über das Thema Histaminintoleranz, wie Sie sie erkennen und wie Sie die Lebensqualität verbessern können.
Was ist Histamin?
Histamin ist ein biogenes Amin, also ein für unseren Körper unverzichtbarer Eiweißstoff. Histamin hat viele Aufgaben: Es reguliert u. a. den Blutdruck, den Appetit, den Schlaf-Wach-Rhythmus, unsere Lern- und Konzentrationsfähigkeit und auch die Emotionen.
Histamin kommt natürlicherweise in tierischen und pflanzlichen Zellen und damit auch in unserem Körper vor. Bei körperlicher oder psychischer Belastung produzieren die sogenannten Mastzellen mehr Histamin. Zusätzlich nehmen wir es über die Nahrung auf.
Histamin wird also regelmäßig im Körper angereichert und muss dementsprechend auch wieder abgebaut werden. Für den Abbau sind Enzyme wie die Diaminoxidase (DAO) zuständig.
Jeder Mensch hat eine individuelle Histamintoleranzgrenze. Wird diese durch eine übermäßige Aufnahme von Histamin z. B. durch zu viel Fisch, Rotwein oder Käse überschritten, kommt es auch bei gesunden Menschen zu Symptomen.
Ebenso kann die Grenze schneller überschritten werden, wenn der Abbau von Histamin beeinträchtigt ist. Besteht eine Intoleranz, können schon kleine Mengen histaminreicher Lebensmittel Beschwerden provozieren.
Was ist eine Histaminose oder Histaminintoleranz (HIT)?
Die Ursachen der Histaminunverträglichkeit sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig geklärt. Experten vermuten, dass eine Histaminintoleranz (HIT) oder auch Histaminose genannt, eine Stoffwechselstörung ist, bei der der Abbau von Histamin eingeschränkt ist. Die Ursache dafür kann z. B. ein genetisch bedingter Mangel oder eine verminderte Aktivität des abbauenden Enzyms Diaminoxidase (DAO) sein. Im Körper der Betroffenen reichert sich dann durch die körpereigene Produktion und die Histaminaufnahme über die Nahrung mehr Histamin an als abgebaut werden kann. Sobald der individuelle Grenzwert überschritten wird, kommt es zu Beschwerden. Auch wenn die Symptome allergieähnlich sind, handelt es sich dabei nicht um eine Allergie. Bei einer Allergie kommt es zu einer Autoimmunreaktion, das ist bei einer HIT nicht der Fall.
Die Symptome einer HIT sind vielfältig
Da fast im ganzen Körper Histaminrezeptoren zu finden sind, können auch die Symptome an unterschiedlichen Organsystemen auftreten. Auf der Haut kann es bei einer Histaminunverträglichkeit zu einem sogenannten Flush kommen: Die Haut rötet sich deutlich, wird meist fleckig und ist stark durchblutet. Juckreiz und Nesselsucht können ebenfalls auftreten. Im Magen-Darm-Trackt äußert sich die Histaminunverträglichkeit z. B. als Bauchschmerzen und Durchfall. Auch das zentrale Nervensystem kann reagieren, die Betroffenen leiden häufig unter Kopfschmerzen, Migräne oder Schwindel. Ist das Herz-Kreislauf-System betroffen, kann es zu Kreislaufbeschwerden, niedrigem Blutdruck oder Herzrasen kommen. Atembeschwerden und Fließschnupfen werden ebenfalls im Bereich der Atemwege häufig beobachtet.
Welche Lebensmittel sind besonders histaminreich?
Vor allem gereifte und fermentierte Lebensmittel enthalten viel Histamin. Der Gehalt steigt bei eiweißreichen Produkten mit der Dauer der Lagerung. Lang gereifte Käsesorten, konservierter Fisch und geräucherte Wurst sind histaminreich – aber auch einige Obst- und Gemüsesorten. Bei einer vermuteten Histaminintoleranz sollten folgende Lebensmittel vermieden werden:
- geräucherte Fische wie Sardinen, Hering, Makrele,
- Dosenfisch,
- Schalentiere,
- Geräucherte Wurstwaren,
- Leberwurst,
- lang gereifter Käse wie Parmesan,
- Sauerkraut,
- Tomaten, Spinat, Auberginen,
- Rotwein,
- Sekt, Champagner,
- Himbeeren, Orangen, Bananen, Erdbeeren,
- Kakao und dunkle Schokolade.
Histaminunverträglichkeit diagnostizieren
Die Diagnosestellung bei einer Histaminintoleranz ist schwer. Die Symptome sind so vielfältig, dass viele andere Ursachen in Frage kommen und es gibt keinen messbaren Wert, der 100 % zuverlässig ist: Die Aussagekraft der Konzentration des Enzyms Diaminoxidase (DAO) im Blut ist z. B. beschränkt, da diese stark schwankt. Der Histaminwert im Stuhl kann immerhin eine Tendenz anzeigen, ist aber zur alleinigen Sicherung einer Diagnose ebenfalls ungeeignet.
Wenn Sie jedoch feststellen, dass nach histaminreichen Mahlzeiten oder durch starke körperliche Belastung immer wieder Symptome auftreten, die für eine Histaminintoleranz sprechen, empfiehlt sich eine Auslassdiät und das Führen eines Ernährungstagebuchs. Hierbei werden histaminreiche Lebensmittel für 4 – 12 Wochen vom Speiseplan gestrichen und die Symptome werden genau beobachtet und dokumentiert. Tritt eine Besserung auf, ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Histaminintoleranz vorliegt. Dann sollte die Ernährung langfristig umgestellt werden, um den Histaminspiegel im Körper möglichst niedrig zu halten und die Lebensqualität zu verbessern.
Die Behandlung einer HIT sollte immer ganzheitlich erfolgen
Es ist wichtig, die individuellen Ursachen einer Histaminintoleranz zu finden und zu behandeln. Diese könnten auf einen gestörten Stoffwechsel des Darms, der Leber oder der Schilddrüse zurückzuführen sein. Auch hormonelle Ungleichgewichte, die Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Antibiotika) oder Nährstoffmangel können eine Histaminintoleranz begünstigen.
Was hilft in einer Akutsituation?
Wenn bei einem zu hohen Histaminspiegel Symptome auftreten, wie Hautausschlag, Übelkeit, Herzkreislaufbeschwerden auftreten, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. Weiterer Stress fördert die Histaminausschüttung. In der Regel helfen folgende Maßnahmen dabei, die Symptome schneller abklingen zu lassen:
- stilles Wasser trinken, um das wasserlösliche Histamin aus dem Körper zu spülen,
- früh ins Bett gehen und ausschlafen,
- natürliches Vitamin C nehmen, um den Histaminabbau zu unterstützen.
Sollten die Symptome sehr hartnäckig sein, kann ein Antihistaminikum helfen. Diese sind in der Apotheke frei verkäuflich.
Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker und lassen Sie sich beraten.
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