Ernährung & Lifestyle

Regenerative Auszeit für Mama und Papa

Lesezeit: 3 Minuten Quelle: Praxiswelt

Mutter- oder Vater-Kind-Kur – wem steht sie zu und wie wird sie beantragt?

 

Als Mutter oder Vater können Sie im Alltag schon mal die Grenzen Ihrer Belastbarkeit kommen – vor allem wenn die Nächte kurz und die Arbeitstage lang und voll sind. Stellen sich dann stressbedingte Symptome ein, wie Tinitus, Rückenschmerzen oder nächtliches Zähneknirschen, sollten Sie reagieren und mit Ihrem Arzt über einen verordneten Kuraufenthalt sprechen. Mutter-Kind-Kuren, Vater-Kind-Kuren und auch reine Mütter- oder Väterkuren sind Pflichtleistungen der Krankenkassen. Das bedeutet, dass jede gesetzlich versicherte Person, die Kinder erzieht und bestimmte medizinische Voraussetzungen erfüllt, drei Wochen Auszeit in einer Kurklinik beantragen kann.

Diese Präventionsleistung soll dazu beitragen, dass ernsthaftere Erkrankungen gar nicht erst entstehen oder bestehende Beschwerden sich nicht verschlimmern. Die Kosten werden auch für die mitreisenden Kinder übernommen. Der Eigenanteil liegt für Erwachsene bei 10 Euro pro Tag. Während des Kuraufenthaltes werden Eltern bei Lohnfortzahlung krankgeschrieben, so dass keine Urlaubstage genommen werden müssen. Es handelt sich also wirklich um eine zusätzliche Auszeit, bei der die Akkus wieder geladen werden sollen. Ob private Krankenkassen die Kosten übernehmen, richtet sich nach den individuellen Vertragsbedingungen.


Wann haben Eltern Anspruch auf eine Kur?

Erschöpfungs- und Stresssymptome können sich auf verschiedenste Weise äußern: Migräne, Schlafstörungen, Atemwegserkrankungen, Depressionen, wiederkehrende Infekte – die Bandbreite der Verschreibungsgründe ist sehr groß. Entscheidend für die Kostenübernahme einer Elternkur ist, dass sich die Probleme in Folge Ihrer Fürsorgerolle oder der familiären Situation entwickelt haben. Es müssen also Kontextfaktoren bestehen, die für die mütter-/väterspezifische Problemkonstellation relevant sind. Das kann z. B. Mehrfachbelastung durch Beruf und Familie sein, Erziehungsschwierigkeiten, mangelnde Unterstützung bei der Kindererziehung, Eheprobleme, Trennung, Tod des Partners, finanzielle Sorgen und vieles mehr sein. Sollten nicht Sie, sondern Ihr Kind gesundheitliche Probleme haben, können Sie mit Ihrem Arzt über eine Reha für Kinder und Jugendliche sprechen.

 

Kinderbetreuung ist sichergestellt

Eltern können Ihre Kinder mit in die Kur nehmen, wenn deren Betreuung ansonsten nicht sichergestellt werden kann. Für mitreisende Kinder gibt es eine Alters¬grenze von 12 Jahren. Ausnahms¬weise dürfen sie bis zu einem Alter von 14 Jahren mitfahren. Für Kinder mit Behin-derungen gibt es keine Alters¬grenzen.
In der Kur werden die Kinder altersgemäß betreut. Es gibt zahlreiche Freizeit¬angebote wie Sport¬kurse und Ausflüge. Schul¬pflichtige Kinder sind während des Kurauf¬enthalts von der Schule beur¬laubt. Die Kliniken bieten auch schul¬begleitenden Unter¬richt an, um größere Lernlücken zu vermeiden.

 

Wann haben pflegende Angehörige einen Anspruch auf eine Kur?

Mit dem Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (PNG) haben Frauen und Männer, die Angehörige im familiären Umfeld pflegen, nach §§ 23 oder 40 SGB V Anspruch auf stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationskuren.

Tipp für die richtige Verordnung: Für Rehabilitationskuren gilt das gestufte Leistungsprinzip „ambulant vor stationär“ nach § 40 SGB V nicht. Allerdings gilt es für Vorsorgekuren nach § 23 SGB V. Deshalb ist es wichtig, dass im Verordnungsformular darauf hingewiesen wird, dass ambulante Leistungen ausgeschöpft, nicht ausreichend/zielführend oder im Alltag nicht umsetzbar sind.
Die Krankenkassen sind verpflichtet das Wunsch- und Wahlrecht bei Kuren für pflegende Angehörige, zu berücksichtigen.
Das Verlangen der Krankenkassen auf Übernahme von Mehrkosten ist unter besonderen Voraussetzungen bei stationären Rehabilitationskuren nach § 40 Abs. 2 SGB V zulässig, dazu gehören auch die stationären Rehabilitationskuren für pflegende Angehörige.

 

Der erste Schritt: Gut beraten lassen!

Sie haben Interesse an einer Kur? Dann sollten Sie sich kompetent beraten lassen. Beste Anlaufstelle zum Thema Vorsorgekur ist das Müttergenesungswerk. Bundesweit stehen im Verbund mit anderen Wohlfahrtsverbänden ca. 1.000 Beratungsstellen zur Verfügung. Die Beratungstermine sind kostenfrei und können teilweise auch telefonisch wahrgenommen werden.
Im Gespräch mit den Berater*innen können Sie Ihre Probleme schildern und sich über für Sie geeignete Kliniken und Therapieangebote informieren. Auch bei den Formalitäten, wie z. B. der Einreichung des Antrags stehen sie Ihnen gerne zur Seite. Sollten Sie eine Auszeit von der Pflege eines Angehörigen benötigen, muss natürlich muss die Betreuung der pflegebedürftigen Person für die Zeit Ihrer Abwesenheit sichergestellt sei. Bei der Organisation der damit verbundenen Aufgaben kann Ihnen ebenfalls eine der Beratungsstellen im Müttergenesungswerk helfen.

 

Verschreibung der Vorsorgekur durch Ihren Arzt

Die Mutter- oder Vater-Kind-Kur muss von einem Arzt beschrieben werden. Der Hausarzt ist in der Regel der richtige Ansprechpartner. Sprechen Sie mit ihm über Ihre Beschwerden und Probleme. Die Formulare für die Beantragung hat er in der Regel in der Praxis. Indikationen sind zum Beispiel:

  • Psychische Störungen, z. B. Erschöpfungszustände bis zum Burn-out, Angstzustände, Schlafstörungen, depressive Episoden, akute Belastungsreaktionen

  • Muskel-Skelettbeschwerden, z. B. Rückenschmerzen, Arthrose, Bandscheibenschäden, Osteoporose, Gelenkbeschwerden

  • Erkrankungen des Nervensystems, z. B. Migräne, Kopfschmerzsyndrome, MS

  • Stoffwechselstörungen, z. B. Adipositas, Untergewicht, Diabetes

  • Atemwegserkrankungen, z. B, Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündung, Infektanfälligkeit, Asthma

  • Kreislauferkrankungen, z.B. Bluthochdruck, rheumatische Herzkrankheiten, Venenleiden

  • Hauterkrankungen, z. B. Neurodermitis, Schuppenflechte, Allergien

 

Wenn Sie die Kur mit Ihrem Kind antreten möchten, überlegen Sie, ob auch Ihr Kind behandlungsbedürftig ist. Das Müttergenesungswerk berichtet, dass 2020 gemäß der ärztlichen Eingangsuntersuchung in der Klinik mehr als 2/3 aller Kinder behandlungsbedürftig waren, aber nur 41 % eine Bewilligung der Krankenkasse als behandlungsbedürftiges Kind erhalten haben. Hat Ihr Kind eigene Erkrankungen, die während der Kur behandelt werden sollten benötigen Sie ein Attest vom Kinder- oder Facharzt.

 

 

Die geeignete Klinik auswählen und angeben

Die Auswahl der passenden Kurklinik ist wichtig für Ihren Kurerfolg. Das wichtigste Kriterium ist die Möglichkeit der Behandlung Ihrer Erkrankungen und ggf. die Ihres Kindes. Dann können Sie überlegen ob es eine kleine oder große Klinik sein soll, in der Nähe oder lieber weiter weg? Möchten Sie Mahlzeiten mit Kindern oder lieber alleine wahrnehmen? Nehmen Sie sich für diese Entscheidungen Zeit und nutzen Sie hier das Know-how der Beratungsstellen.

TIPP für die Antragsstellung: Bei der Auswahl der Klinik haben Sie ein gesetzliches Wunsch- und Wahlrecht, die Krankenkassen sind verpflichtet, die berechtigten Wünsche der Versicherten zu berücksichtigen.

 

Antrag bei der Krankenkasse einreichen

Nach Ihrem Arzt¬besuch müssen Sie die ausgefüllte Verordnung bei Ihrer Krankenkasse einreichen. Ein weiteres Antrags¬schreiben ist häufig nicht mehr nötig. Innerhalb von drei Wochen sollte die Krankenkasse die Entscheidung über Ihren Antrag fällen. Wird die Kur bewilligt, haben Sie in der Regel eine bestimmte Frist, innerhalb der Sie die Kur antreten können. In der Regel dauert die Mutter-Kind-Kur und Vater-Kind-Kur drei Wochen. Einen erneuten Antrag zu stellen, ist in der Regel erst wieder vier Jahre nach der letzten Kur möglich.

TIPP: Lehnt die Krankenkasse Ihren Antrag ab, sollten Sie dieser Entscheidung unbedingt innerhalb der Frist von einem Monat wider¬sprechen. Holen Sie sich Hilfe beim Müttergenesungswerk. Mit Hilfe der Beratungsstellen waren 74 % der Widersprüche in 2020 erfolgreich. Die Ablehnungsquote bei Erstanträgen liegt übrigens bei Müttern bei 10 %, bei Vätern bei 16 %.


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