Medizin & Wissenschaft
Raucherentwöhn-ung: Alternativen vorhanden
Lesezeit: 4 Minuten Quelle: Österreichische Ärztezeitung
Im Idealfall sollte ein Raucher das Rauchverhalten komplett aufgeben. Ist der Betreffende extrem stark abhängiger Raucher und das nicht möglich, gibt es Alternativen.
von Jasmin Sucher
Rund 20 Prozent der über 15-jährigen Österreicher rauchen laut Statistik Austria täglich. Zwar ist bei Kindern und Jugendlichen die Rauchprävalenz seit 2002 um mehr als die Hälfte zurückgegangen, dennoch liegt Österreich hier aber im europäischen Vergleich immer noch über dem Durchschnitt. Rund 15 Prozent aller Todesfälle in Österreich waren 2017 laut „Global Burden of Disease“-Monitoring auf das Rauchen zurückzuführen. 2019 gingen fünf Prozent aller Todesfälle in Österreich auf ein Bronchialkarzinom zurück, drei Prozent auf COPD. „Wir sehen, wie wichtig es ist, Personen dabei zu unterstützen, das Rauchen aufzugeben“, betont Univ. Prof. Bernd Lamprecht von der Universitätsklinik für Innere Medizin 4/Pneumologie des Kepler Universitätsklinikums Linz die Bedeutung der Raucherentwöhnung.
Erster Schritt: Kurzintervention
Der erste Schritt dabei sei es laut Lamprecht, den Betroffenen auf das Thema Rauchen anzusprechen: „In der Kurzintervention wird etwa nachgefragt: ‚Haben Sie schon einmal mit dem Gedanken gespielt, das Rauchen vielleicht aufzugeben?‘“. Dabei sollte immer signalisiert werden, dass eine Raucherentwöhnung erstrebenswert ist. Als nächstes sollten eine ausführliche Beratung sowie eine individuell an den Betroffenen angepasste Begleitung folgen. Univ. Doz. Ernest Groman vom Nikotininstitut in Wien dazu: „Am effektivsten ist die Kombination aus einer entsprechenden Medikation und einer Beratung und Betreuung. “Die Nikotinersatztherapie in Form von Kaugummis, Inhalatoren, Hautpflaster oder Sublingualsprays soll Entzugserscheinungen verhindern und das Hauptaugenmerk auf die Verhaltensänderung legen. Wenn diese erreicht wird, kann die Nikotinersatztherapie langsam reduziert werden. „Hier muss darauf geachtet werden, dass keine massive Unterdosierung passiert“, erklärt Groman. Häufigster Fehler sei eine falsche Dosierung, was rasch zu einem Gefühl des Versagens führe und im Abbruch der Therapie resultiere.
E‑Zigaretten als Alternativen?
E‑Zigaretten, Nikotin-Pouches oder Tabak-Erhitzer werden oft als Alternativen zu herkömmlichen Zigaretten verwendet. Lamprecht dazu: „Im Idealfall sollte der Raucher ganz frei von solchen Gewohnheiten werden. Wenn aber jemand ein ausgesprochen stark abhängiger Raucher ist und es keine andere Chance gibt, fällt bei E‑Zigaretten zumindest der Rauch mit seinen schädlichen Inhaltsstoffen weg.“ Dennoch sei laut Groman nach wie vor „unklar“, wie schädlich Trägersubstanzen wie Propylenglykol und die Inhaltsstoffe dieser Alternativprodukte langfristig seien. „Diese Produkte sind nicht gesund, sondern weniger schädlich. Beim Verbrennen einer Zigarette entstehen Tausende Inhaltsstoffe, von denen mindestens 30 kanzerogen sind. Bei der E‑Zigarette sind es nur zwei bis drei Substanzen“, führt Groman aus. Zusätzlich kann der Entwöhnungswillige an Raucherberatungen und Raucherentwöhnungs-Seminaren teilnehmen. Begleitend seien auch Hypnose und Akupunktur möglich, wobei beide Experten betonen, dass es keine ausreichend belastbaren Studien bezüglich der Erfolgsrate oder Wirksamkeit gäbe – individuell betrachtet bestehe jedoch eine Chance auf Erfolg.
Die „5A-Strategie“
Bei der Unterstützung einer Raucherentwöhnung kann die „5A Strategie“ hilfreich sein:
- Ask: Dieser Schritt dient der Abfrage des aktuellen Zustandes, inwiefern ein problematisches Verhalten besteht und in welchem Ausmaß die Motivation für einen Rauchstopp gegeben ist.
- Advice: Hier geht es um die ausdrückliche Empfehlung, das Rauchen aufzugeben. Im Zuge dessen kann über die gesundheitlichen Risken aufgeklärt werden.
- Assess: An diesem Punkt wird auf die generelle Bereitschaft des Patienten bezüglich einer Raucherentwöhnung eingegangen.
- Assist: Es wird eruiert, welche Unterstützung bei der Entwöhnung individuell am besten geeignet ist.
- Arrange: Die Langzeitbetreuung wird vereinbart. Der Patient sollte in regelmäßigen Abständen wiederbestellt werden, um eine dauerhafte Entwöhnung sicherzustellen.
Wichtiger Faktor: Motivation
„Die Entwöhnungsraten sind grundsätzlich recht bescheiden. Sie liegen je nach Studie zwischen 20 und 30 Prozent“, schildert Lamprecht. Entscheidend sei die Motivation des Betroffenen und auch, ihm die positiven Effekte eines rauchfreien Lebens aufzuzeigen. „Sagt man dem Entwöhnungswilligen zum Beispiel, dass sich das Risiko für einen Myokardinfarkt schon nach einem Jahr halbiert, liegt auf der Hand, warum eine Raucherentwöhnung erstrebenswert ist“, erklärt Lamprecht. Auch müsse man sich mit der Ernährung und Bewegung auseinandersetzen, um einer Gewichtszunahme entgegenzuwirken. Der Schweregrad der Nikotinabhängigkeit kann mit dem Fagerström-Test erhoben und dementsprechend ein Entwöhnungsplan erstellt werden. Entscheidend dabei sei laut Groman die individuelle Betreuung: „Es gibt zwar verschiedene Schemen, an denen man sich orientieren kann. Aber es gibt nicht den einzigen Weg, der für jeden passt.“
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