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Interview: Erstbehandlung typischer Refluxsymptome ohne Alarmsignale (Prof. Labenz)

Lesezeit: 3 Minuten Quelle: Reckitt

Erstbehandlung typischer Refluxsymptome ohne Alarmsignale
Prof. Dr. med. Labenz, Gastroenterologe im Diakonie-Klinikum Siegen und Mitautor der neu erschienenen S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), erläutert die wichtigsten Änderungen der Leitlinie: Gerade bei der Erstbehandlung typischer Refluxsymptome ohne Alarmsignale stehen nun die Alginate auf der gleichen Stufe wie die bisher ausschließlich empfohlenen Protonenpumpeninhibitoren (PPI).

 

Interviewer (I): Seit dem letzten Update der Leitlinie sind 8 Jahre vergangen. Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Neuerungen?

Prof. Labenz (L): In der neuen Leitlinie liegt ein viel stärkeres Gewicht auf Allgemeinmaßnahmen. Maßnahmen wie eine Gewichtsabnahme wurden zwar schon früher empfohlen, standen aber nicht im Mittelpunkt der Therapie. Das hat sich nun geändert: Aktuelle Studien haben nahezu überwältigende Ergebnisse dazu geliefert, wie viel Allgemeinmaßnahmen tatsächlich bewirken – teilweise mehr als eine medikamentöse Behandlung. Deshalb werden eine Gewichtsreduktion, Nichtrauchen oder eine Ernährungsumstellung mit dem Leitlinien-Update nun an erster Stelle empfohlen. Der Stellenwert von PPI ist hingegen eher geringer geworden. Dies ist unter anderem in der Erkenntnis begründet, dass PPI nicht alle der mit gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) assoziierten Probleme lösen, weil sie deren Ursache nicht beheben können. In diesem Zusammenhang erfolgte eine Aufwertung anderer Präparate, die in der alten Leitlinie gar nicht berücksichtigt wurden – das betrifft vor allem Alginate. Diese gibt es zwar schon lange, aber es liegen nun wesentlich neue Erkenntnisse vor: Aktuelle Studien belegen, dass Alginate bei Refluxbeschwerden sehr gut wirksam sind.

I: Bei PPI handelt es sich um eine systemische Therapie – dabei liegt bei GERD ein rein mechanisches Problem vor. Welche Schlüsse können hieraus gezogen werden?

L: PPI hemmen die Säureproduktion. Reflux-Patienten haben aber nicht zu viel Säure, sie haben nur Säure am falschen Platz. Hierbei handelt es sich um ein mechanisches Problem: Die Verbindung zwischen Speiseröhre und Magen schließt nicht richtig. Wird der Säuregehalt des Mageninhalts reduziert, hilft das oftmals gegen Beschwerden oder Entzündungen. Hierin besteht jedoch keine kausale Therapie. Bereits deshalb sollte über alternative Therapieoptionen nachgedacht werden. Hinzu kommt, dass PPI systemisch wirken – sie werden über die Leber und die Blutbahn verstoffwechselt. Dass das mögliche Sicherheitsfragen aufwerfen kann, ist nicht vollständig von der Hand zu weisen. Unabhängig von Sicherheitsaspekten kann es aus Patientensicht aber Sinn machen, bei der Wahl zwischen einem systemischen Medikament und einem lokal wirksamen Medikament letzteres vorzuziehen, sofern beide gleich wirksam sind.


I: PPI galten lange als Standardtherapie – welche alternativen Optionen gibt es?

L: In der alten Leitlinie wurden PPI noch alternativlos empfohlen, das hat sich nun geändert. Dass es Alternativen gibt, die ebenso gut aber anders wirken, ist ganz wichtig zu betonen. So wurde beispielsweise in einer randomisierten Studie zu Refluxbeschwerden ohne Alarmsymptome die Wirksamkeit von PPI und Alginaten verglichen mit dem Ergebnis, dass beide Medikamente gleich gut wirken. Bei Alginaten handelt es sich somit um eine gleichwertige Behandlungsalternative.

Sie interessieren sich für eine zweite Meinung zum Thema Erstbehandlung typischer Refluxsymptome ohne Alarmsignale? Hier finden Sie das Interview mit Prof. Ahmed Madisch.


Weitere Stellungnahmen von Prof. Labenz und Prof. Madisch zu den Neuerungen in der S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) finden Sie hier:

Zum Thema Reflux in der Schwangerschaft Prof. Labenz | Prof. Madisch

Zum Thema Behandlung persistierender Refluxsymptome trotz PPI-Einnahme Prof. Labenz | Prof. Madisch


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