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Interview: Step-up Strategie bei Refluxbeschwerden in der Schwangerschaft
(Prof. Labenz)

Lesezeit: 3 Minuten Quelle: Reckitt

Step-up Strategie bei Refluxbeschwerden in der Schwangerschaft
Schwangere leiden häufig aufgrund von hormonellen Veränderungen bereits in der Frühschwangerschaft unter Refluxbeschwerden. Die neue S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), an der Prof. Dr. med. Joachim Labenz, Diakonie-Klinikum Siegen, als Mitautor beteiligt war, rät neben allgemeinen Maßnahmen zu lokal wirkenden Arzneimitteln wie Alginaten. Erst dann, so der Gastroenterologe, sollten Protonenpumpeninhibitoren (PPI) eingesetzt werden.

Interviewer (I): Schwangere leiden häufig unter Refluxbeschwerden. Was empfiehlt hier die neue Leitlinie?

Prof. Labenz (L): Aufgrund von hormonellen Veränderungen können Refluxbeschwerden wie Sodbrennen bereits in der Frühschwangerschaft auftreten, wobei die Beschwerden im Verlauf der Schwangerschaft häufig zunehmen. Gegen Ende der Schwangerschaft gaben in einer Studie 50 Prozent der befragten Schwangeren an, während der Schwangerschaft unter Sodbrennen gelitten zu haben. Dieser Leidensdruck muss gegenüber der Sicherheit des Kindes abgewogen werden. Daher wird bevorzugt mit Behandlungsoptionen gearbeitet, die nicht über die Blutzirkulation vom Kind aufgenommen werden könnten. An erster Stelle werden hier Allgemeinmaßnahmen wie zum Beispiel eine Änderung der Schlafposition empfohlen.


I: Was empfehlen Sie, wenn die Allgemeinmaßnahmen nicht ausreichen?

L: An zweiter Stelle kommen lokal wirksame Medikamente in Betracht. Die besten wissenschaftlichen Daten liegen uns derzeit zu Alginaten vor: Studien zufolge führen Alginate bei 9 von 10 Schwangeren zu einer sehr guten Symptomkontrolle. Nur wenn diese Maßnahmen nicht greifen, kann nötigenfalls auf PPI zurückgegriffen werden.

I: PPI galten lange als die Standardtherapie – wie würden Sie ihre Bedeutung nun einordnen?

L: In der alten Leitlinie wurden PPI noch alternativlos empfohlen, das hat sich nun geändert. Dass es Alternativen gibt, die ebenso gut aber anders wirken, ist ganz wichtig zu betonen. So wurde beispielsweise in einer randomisierten Studie zu Refluxbeschwerden ohne Alarmsymptome die Wirksamkeit von PPI und Alginaten verglichen mit dem Ergebnis, dass beide Medikamente gleich gut wirken. Bei Alginaten handelt es sich somit um eine gleichwertige Behandlungsalternative.

I: In der Leitlinie wird erstmals das Phänomen der „Acid Pocket“ beschrieben. Welche Neuerung verbirgt sich hinter diesem Begriff?

L: Das Phänomen wurde erstmals in den 2000er Jahren beschrieben. Wenn Sie sich im nüchternen Zustand befinden, ist Ihr Magensaft normalerweise sauer (pH-Wert 1-2). Wenn Sie etwas essen oder trinken, neutralisiert das den Magensaft, und der pH-Wert steigt auf etwa 5 an. Wenige Minuten danach bildet sich unterhalb des Mageneingangs erneut Säure. Dies hat man als „Acid Pocket“ bezeichnet. Hier bilden sich etwa 50-70 ml Säure, und wenn Sie an gastroösophagealer Refluxkrankheit leiden, ist es genau diese Säure, die in die Speiseröhre zurückläuft. Hierdurch werden Refluxbeschwerden bei oder nach dem Essen hervorgerufen. Diese Acid Pocket können Sie mit PPI in normaler Dosierung auch nicht verhindern. Es gibt nur einen etablierten Weg, wie die Acid Pocket eliminiert werden kann: mit Alginaten. Wenn Patienten insbesondere nach dem Essen unter Sodbrennen leiden, sind Alginate die ideale Form der Therapie – hiermit kann die Acid Pocket innerhalb weniger Minuten neutralisiert werden.

 

Sie interessieren sich für eine zweite Meinung zum Thema Step-up Strategie bei Refluxbeschwerden in der Schwangerschaft Hier finden Sie das Interview mit Prof. Ahmed Madisch.

Weitere Stellungnahmen von Prof. Labenz und Prof. Madisch zu den Neuerungen in der S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) finden Sie hier:

Zum Thema Behandlung persistierender Refluxsymptome trotz PPI-Einnahme Prof. Labenz | Prof. Madisch

Zum Thema Erstbehandlung typischer Refluxsymptome ohne Alarmsignale Prof. Labenz | Prof. Madisch


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